Mit zunehmendem Alter des Pferdes ändern sich die Ansprüche an sein Futter.
Doch ab wann ist ein Pferd „alt“?
Ein Pferd kann mit Erreichen des 20. Lebensjahres als „alt“ bezeichnet werden. Der Alterungsprozess variiert dabei von Pferd zu Pferd, abhängig von der Rasse, der Größe, der Genen, Umweltbedingungen und seiner Arbeitsleistung. Erste äußere Anzeichen des Altwerdens sind häufig ein Absenken des Rückens, ein Abbau der Muskulatur und eine mehr oder weniger stark ausgeprägte Gewichtsabnahme. Besonders im Gesicht ergraut das Fell zunehmend und über den Augen bilden sich immer tiefer werdende Kuhlen. Mit zunehmendem Alter fällt deinem Pferd der Fellwechsel schwer, hinzu kommen häufig typische „Alterskrankheiten“, wie Zahnprobleme, trüber werdende Augen, Hufrehe oder Cushing. Ist dein Senior einmal krank, erholt er sich deutlich langsamer von seiner Erkrankung als in jungen Jahren. Schuld daran ist ein zunehmend schwächer werdendes Immunsystem. Ein veränderter Hormonhaushalt und der verlangsamte Stoffwechsel führen zu einer reduzierten Nährstoffaufnahme und einer langsameren Verdauung.
Diese altersbedingten Veränderungen sind Anzeichen dafür, dass dein Pferd nun eine individuelle, seniorengerechte Ernährung benötigt. Idealerweise ist der optimale Seniorenteller individuell auf das einzelne Pferd abgestimmt. Insbesondere sind hier der Ernährungs- und Bemuskelungszustand, vorliegende Erkrankungen, sowie die Haltung zu berücksichtigen.
Daran solltest du bei der Fütterung deines Seniors denken
Der verlangsamte Stoffwechsel älterer Pferde führt zu einer schlechteren Aufnahme und Verwertung von Futter und Futterzusätzen. Daher haben Senioren einen höheren Bedarf an hochwertigen Eiweißen mit essenziellen Aminosäuren, sowie Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen. Das angebotene Futter sollte daher möglichst hoch aufgeschlossen sein und somit leicht aufgenommen und verwertet werden können. Ein weiterer Faktor, der bei der Fütterung des alten Pferdes bedacht werden muss, ist die besondere Anforderung an die Struktur des Futters bei vorhandenen Zahnproblemen.
Auf diese Veränderungen deines Seniors solltest du achten
Viele alte Pferde zeigen im Alter einen deutlichen, z.T. sogar dramatischen Gewichtsverlust. Der häufigste Grund hierfür sind Zahnprobleme, wie stark abgenutzte Zähne oder Zahnlücken, wodurch das Futter nicht mehr genügend zerkleinert und die Nahrung in Folge nicht mehr ausreichend verwertet werden kann. Folgen einer dauerhaften Nährstoffunterversorgung können eine Schädigung der Dickdarmflora, verbunden mit Kotwasser, Durchfall und Koliken sein. Erkennbar sind Probleme beim Futterzerkleinern neben Gewichtsverlust an sehr langen Fasern im Kot und häufig matschigem, stinkendem Kot.
Die Futtermittelindustrie wartet mit zahlreichen Versprechen auf, den rüstigen Pferderentner ideal mit Nährstoffen zu versorgen. Doch wie sich zurechtfinden im Dschungel von Seniorenmüslis und Aufbaufutter für das alte Pferd? Eine Suchanfrage bei Google mit dem Suchbegriff „Futter altes Pferd“ liefert 1.620.000 Ergebnisse. Dies zeigt was für ein lukrativer Markt die Fütterung alter Pferde mittlerweile geworden ist.
Doch jeder Senior ist anders – ein universelles Seniorenfutter, das für jedes alte Pferd passt, gibt es leider nicht.
Allerdings gibt es einige wichtige Punkte, die bei der Futterzusammenstellung älterer Pferde bedacht werden sollten. Entscheidend ist hier vor allem die ausreichende Versorgung des Pferdes mit Grundfutter, also Gras und Heu. Ursprünglich war der Verdauungstrakt des Pferdes auf die ständige Zufuhr kleinerer Mengen rohfaserhaltigen Futters (Steppengras) ausgerichtet. Die Getreidefütterung wurde eingeführt, um dem Pferd schnell und einfach Energie zuzuführen, was nicht den ursprünglichen Bedürfnissen entspricht.
Angepasste Fütterung des alten Pferdes bedeutet also nicht, einfach die Kraftfutterration zu erhöhen, sondern den Grundfutterbedarf sicherzustellen.
So versorgst du deinen Senior mit ausreichend Grundfutter
Grundfutter bedeutet in der heutigen Zeit hauptsächlich Heu und Gras. Über die Sommermonate wird der Raufutterbedarf bei den meisten Senioren über die Grasaufnahme beim Weidegang weitgehend gedeckt. Pferde mit Zahnproblemen können Gras meistens besser fressen als Heu oder Heulage, weil es weicher ist. Ein 24-Stunden-Weidegang von Frühjahr bis Herbst ist für Rentner ideal, vorausgesetzt, es ist genügend Gras vorhanden und das Pferd kann in Ruhe fressen. Zusätzlich zur dauerhaften Futteraufnahme wirken sich freie Bewegung auf der Weide positiv auf weitere Alterserkrankungen wie Arthrose aus und steigern das allgemeine Wohlbefinden.
In der Übergangszeit und im Winter kann bei Pferden mit Zahnproblemen eine ausreichende Rohfaserversorgung über die Fütterung von stark zerkleinertem Heu in Form Heucobs erreicht werden.
Richtige Berechnung der Raufutterration & Tipps zur Fütterung von Heucobs
Grundsätzlich wird als minimale Tagesration 1,5 bis 2 kg Raufutter/100kg Körpergewicht angesetzt, was bei einem 500 kg schweren Pferd eine Tagesration von mindestens 8-10 kg Heu bedeutet. Bei schwerfuttrigen Pferden, sowie Pferden, die einem hohen Stresslevel ausgesetzt sind, kann der Raufutterbedarf deutlich höher liegen.
Zu diesem Zeitpunkt solltest du eine Umstellung von Heu auf Heucobs in Erwägung ziehen
Frisst dein Rentner sein Heu, nimmt aber trotzdem kontinuierlich ab, kann zunächst ein Teil der täglichen Heuration durch Heucobs ersetzt werden.
Häufig kannst du parallel zur Gewichtsabnahme folgende Anzeichen beobachten:
- extrem langsames Fressen
- „Wickelkauen“, bei dem dem Pferd kleine Raufutterröllchen aus dem Maul fallen
- unzerkleinerte Fasern im Kot
- wiederkehrende Koliken
- Aufgasungen
- Kotwasser
- stinkender Durchfall
Jeweils 1 kg Heu kann durch 1 kg eingeweichte Heucobs ersetzt werden. Wird durch die Maßnahme, einen Teil der Heuration durch Heucobs zu ersetzen keine ausreichende Gewichtszunahme erzielt, kann die gesamte Heuration durch eingeweichte Heucobs ersetzt werden.
Das solltest du bei der Fütterung von Heucobs beachten
Die Heuersatzration sollte auf mindestens 3 Rationen aufgeteilt werden. Wird die gesamte Heuration durch Heucobs ersetzt, können häufige Fütterungen nötig werden, um eine Magenübersäuerung durch zu lange Futterpausen zu vermeiden. Die Futterrationen sollten jeweils frisch angesetzt werden, da die Heucobs im Winter einfrieren und im Sommer gären können. Weiterhin ist auf eine ausreichende Einwirkzeit zu achten, um Schlundverstopfungen zu vermeiden.
Die Raufutterration kann durch ein geeignetes Kraftfutter ergänzt werden
Hierbei ist bei der Auswahl auf ein leicht verdauliches, nach Möglichkeit hydrothermisch aufgeschlossenes Futter zu achten. Der Kohlenhydratgehalt der Futterration sollte möglichst niedrig gehalten werden, da ältere Pferde aufgrund der Hormonumstellung und der verlangsamten Verdauung häufig zu Magengeschwüren oder Dickdarmbeschwerden neigen.
Als gute Alternative eignen sich Reiskleie, hochwertige Öle und Sojaschrot als Energieträger. Neben seiner Funktion als „Fettfutter“ enthält Reiskleie ß-Orisanol, das den Muskelaufbau unterstützt.
Hochwertige Öle können pro Tag in Mengen von bis zu 200-300 ml verabreicht werden. Wichtig ist hier jedoch eine langsame Umstellung auf Ölfütterung, da es sonst zu Fehlgärungen und Durchfall kommen kann.
Sojaschrot kann in kleinen Mengen gefüttert die Futterration aufwerten. Sojaschrot enthält viele hochwertige Aminosäuren und unterstützt dadurch den Stoffwechsel und den Muskelaufbau. Achte auch hier auf eine langsame Steigerung der Sojaration, eine Eiweißüberversorgung kann zu angelaufenen Beinen, sowie bei Pferden mit bestehenden Nierenerkrankungen zu einer Überlastung der Nieren führen.
Eine weitere Möglichkeit zur Auffütterung von Pferden mit Zahnproblemen stellt die Fütterung von Rübenschnitzeln dar, da diese eingeweicht gefüttert werden. Rübenschnitzel enthalten viele leicht verdauliche Rohfasern, sollten wegen ihres hohen Zuckergehalts jedoch nur in Maßen gefüttert werden.
Die Fütterung des alten, fettleibigen Pferdes
Während der Großteil der Pferdesenioren eher zu dünn ist, neigen andere zur Fettleibigkeit, manchmal mit Tendenz zum Equinen Metabolischen Syndrom (EMS). Bei Pferden mit EMS ist der Blutzuckerspiegel erhöht und das Pferd hat ein erhöhtes Risiko für eine Reheerkrankung. Weiterhin stellt ein starkes Übergewicht eine zusätzliche Last für Gelenke, Sehnen und Bänder dar, was gerade bei Arthrosepatienten ein Problem darstellt. Die wichtigste Maßnahme für fettleibige alte Pferde ist eine Reduktion der Futterration auf das Grundfutter (Gras und Heu), ergänzend sollte ein hochwertiges Mineralfutter gefüttert werden.
Um eine unkontrollierte Heuaufnahme einzuschränken kann in Erwägung gezogen werden, die tägliche Heuration aus engmaschigen Heunetzen zu füttern. Dies vermeidet längere Fresspausen, die zu einer Magenübersäuerung führen können und schränkt die Heuaufnahme dennoch merklich ein.
Liegt bei deinem Senior ein Equines Metabolisches Syndrom vor, muss in Absprache mit dem Tierarzt zur Vermeidung einer Hufrehe der Weidegang eingeschränkt bzw. eventuell auch komplett gestrichen werden. Zur Einschränkung einer ungehinderten Grasaufnahme kann ein Maulkorb helfen. Hier kann dein Senior in seiner gewohnten Herde auf der Koppel bleiben und trotzdem nicht ungehindert Gras fressen.
Erhöhter Bedarf an Spurenelementen
Fellwechsel, extreme Witterung und Temperaturschwankungen kosten deinem alten Pferd viel Kraft. Dadurch steigt der Bedarf an qualitativ hochwertigen Nährstoffen wie Aminosäuren, Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen, weshalb auf eine ausgewogene Mineralisierung der Futterration geachtet werden muss. Es empfiehlt sich, in regelmäßigen Abständen in einem Blutbild die Spurenelemente zu kontrollieren, um einen erhöhten Bedarf rechtzeitig zu erkennen und die Futterration entsprechend ergänzen zu können. Hier sollten vor allem die Werte für Kupfer, Zink, Selen, Mangan und Kobalt kontrolliert werden.
Diese äußeren Anzeichen weisen auf einen Spurenelementmangel hin
Fellwechselprobleme können eine Folge von Zinkmangel sein, differentialdiagnostisch sollte potenziell jedoch auch immer an ein Cushing Syndrom gedacht werden.
Häufig begünstigt ein Spurenelementmangel Hufprobleme, wie eine Neigung zu Hufgeschwüren oder Hornspalten, sowie hartnäckige Mauke oder Hautpilzerkrankungen.
Viele ältere Pferde neigen besonders im Fellwechsel und bei extremen Witterungsverhältnissen zu einer erhöhten Infektanfälligkeit, die durch parallel vorliegende Mangelzustände weiter verstärkt werden kann.
Häufig kann bei älteren Pferden eine typische „Rentnerfigur“ mit schlecht bemuskeltem Senkrücken und Hängebauch beobachtet werden. Ein Selenmangel kann diese Erschlaffung des Bindegewebes zusätzlich verstärken.
Darauf solltest du bei der Haltung deines Pferdeseniors achten
Neben einer optimierten, auf deinen Rentner angepassten Fütterung solltest du zusätzlich die Haltungsbedingungen überprüfen:
- Die meisten Senioren leiden unter Zahnproblemen, hier kannst du deinen Rentner mit einer jährlichen Zahnkontrolle helfen
- Eine Fütterung von möglichst vielen kleinen Portionen über den Tag verteilt reduziert eine unnötige Belastung des Verdauungstrakts und unterstützt eine bessere Resorption der Nährstoffe
- Überprüfe, ob sich dein Senior in seiner Herde wohl fühlt. Stelle sicher, dass er genügend Zeit und Ruhe hat zu fressen, und dass er nicht um seinen Futterplatz kämpfen muss. Evtl. fühlt sich dein Rentner irgendwann in einer kleinen, ruhigen Herde wohler
- Alte Pferde mit Zahnproblemen trinken häufig lieber aus Bottichen als aus Selbsttränken. Biete deinem Senior an kalten Tagen lauwarmes Wasser an, da alte Tiere ohnehin oft zu wenig trinken
- Auch wenn du kein Freund vom Eindecken bist und dein Pferd immer ohne Decke auf der Koppel war: viele ältere Pferde benötigen bei kalter und nasser Witterung eine schützende Decke, um so nicht unnötige Energie zur Deckung des Grundumsatzes zu verschwenden
1 Kommentar
Vielen Dank für den tollen Beitrag! Dieser ist sehr informativ