Was sind eigentlich Elektrolyte? Wofür sind sie gut und was passiert bei einem Elektrolytmangel? Warum es sich besonders im Sommer lohnt, den Elektrolytbedarf deines Pferdes im Auge zu behalten, erfährst du in unserem neuen Blogbeitrag „Warum Elektrolyte für dein Pferd wichtig sind“
Das Körpergewicht eines ausgewachsenen Pferdes besteht zu ca. 65% aus Wasser, das eine Vielzahl an Elektrolyten enthält. Das Körperwasser lässt sich dabei in verschiedene abgegrenzte Bereiche, die sog. Flüssigkeitskompartimente, einteilen, wobei zwischen extrazellulären und intrazellulären Flüssigkeitskompartimenten unterschieden wird. Extrazelluläre Flüssigkeit befindet sich außerhalb der Zellen und macht ca. ein Drittel des gesamten Körperwassers aus, während sich intrazelluläre Flüssigkeit (zwei Drittel des Gesamtkörperwassers) im Inneren der Zelle befindet. Intrazelluläre und extrazelluläre Flüssigkeiten sind durch semipermeable Membranen voneinander getrennt, wobei der Transport von Flüssigkeit und Ionen durch Kanäle in der Zellmembran gewährleistet wird. In den Flüssigkeitskompartimenten liegen Wasser und Elektrolyte in unterschiedlichen Zusammensetzungen vor. Die Elektrolyte in Form von Ionen wirken dabei als osmotisch aktive Bestandteile im Wasser.
Die Funktion jeder einzelnen Körperzelle ist davon abhängig, dass die Bestandteile Wasser und Elektrolyte ausreichend und in ausgewogenen Verhältnissen zueinander vorkommen. Daher unterliegt der Wasser- und Elektrolythaushalt des Pferdekörpers einem komplexen Regulationssystem.
Was sind Elektrolyte?
- Elektrolyte sind Mineralstoffe, die der Körper nicht selbst herstellen kann. Die anorganischen Nährstoffe müssen vom Pferd also mit der Nahrung aufgenommen werden
- Natrium, Chlorid, Kalium, Calcium, Magnesium, Bicarbonat und Phosphor sind Elektrolyte, die im Pferdekörper wichtige Funktionen übernehmen
- Elektrolyte sind Ionen (im Wasser gelöste Teilchen, die eine positive oder negative Ladung tragen)
- Natrium, Chlorid und Kalium sind elementar für alle lebensnotwendigen Prozesse im Pferdekörper
Wofür braucht ein Pferd Elektrolyte?
Elektrolyte übernehmen im Pferdekörper lebensnotwendige Aufgaben. Sie helfen bei der Regulierung der Nerven- und Muskelfunktion und halten den Säure-Base-Haushalt, sowie den Wasserhaushalt stabil.
- Nervensystem: Der Körper nutzt Elektrolyte (überwiegend Natrium und Chlorid), um die Übermittlung von Nachrichten vom Gehirn an die Zellen und umgekehrt zu erleichtern. Das Gehirn kommuniziert mit den Zellen, indem es elektrische Impulse an die Nervenzellen im Körper sendet. Die elektrische Ladung der Elektrolyte ermöglicht eine Weiterleitung von elektrischen Impulsen. Dies erfolgt über eine Veränderung der Ladung der Nervenzellmembran.
- Muskelkontraktion: Ohne eine ausreichende Versorgung mit Elektrolyten können sich Muskelfasern nicht zusammenziehen und nach der Kontraktion wieder entspannen. Eine wichtige Rolle spielen hierbei die Elektrolyte Calcium und Magnesium.
- Regulierung des Säure-Base-Haushalts: zur Aufrechterhaltung aller Körperfunktionen muss der pH-Wert im Blut stets bei 7,35 bis 7,45 liegen. Das Elektrolyt Bicarbonat fungiert dabei als chemischer Puffer, um zu verhindern, dass der pH-Wert im Blut zu sauer oder zu basisch wird
- Regulierung des Wasserhaushalts und der Flüssigkeitsverteilung im Körper: Elektrolyte, besonders Natrium, helfen dem Pferdekörper dabei, die normalen Flüssigkeitsspiegel in den Flüssigkeitskompartimenten aufrechtzuerhalten, da die darin enthaltene Flüssigkeitsmenge von der im Flüssigkeitskompartiment enthaltenen Konzentration an Elektrolyten abhängt. Wenn die Elektrolytkonzentration hoch ist, fließt Flüssigkeit in das Kompartiment (Osmose). Wenn die Elektrolytkonzentration hingegen niedrig ist, fließt Flüssigkeit aus dem Kompartiment hinaus. Um die Flüssigkeitsspiegel anzupassen, kann der Körper aktiv Elektrolyte in Zellen hinein oder heraus bewegen. Die richtigen Elektrolytkonzentrationen sind also bei der Aufrechterhaltung des Flüssigkeitsgleichgewichts in den Kompartimenten wichtig.
Die Nieren unterstützen die Aufrechterhaltung der Elektrolytkonzentrationen im Pferdekörper, indem sie Elektrolyte und Wasser aus dem Blut filtern, Teile davon wieder an das Blut abgeben und einen Überschuss im Urin ausscheiden. Somit unterstützen die Nieren die Aufrechterhaltung des Gleichgewichts zwischen täglicher Aufnahme und Ausscheidung von Elektrolyten und Wasser.
Was passiert bei einem Elektrolytmangel?
Wird der Elektrolythaushalt aus dem Gleichgewicht gebracht, kann es zu Störungen kommen. Erste Anzeichen für einen Elektrolytmangel können Fressunlust, ein müder, schlapper Eindruck, sowie ein starker Leistungsabfall oder auch eine deutliche Gewichtsabnahme sein. Häufig trinkt das Pferd weniger und es können Symptome wie Muskelzittern, Muskelkrämpfe, Herz-Kreislauf-Probleme und Anzeichen von Kreuzverschlag auftreten. Hält der Elektrolytmangel über einen längeren Zeitraum an, werden Reserven aus dem Knochen angezapft, wodurch eine Abnahme der Mineralstoffdichte beobachtet werden kann. Auch ein häufiges Lecken an Metall, Holzwänden und Mauern, sowie das Fressen von Erde kann auf einen Elektrolytmangel hindeuten.
Bei einem akuten Elektrolytmangel stellen Pferde oft das Trinken ein, um zu verhindern, dass noch mehr Elektrolyte über Körperflüssigkeiten ausgeschieden werden. Ein Teufelskreislauf beginnt, denn dabei werden viele weitere Körperfunktionen eingeschränkt oder kommen sogar zum Erliegen. Hier ist schnelles Handeln erforderlich, ein akuter Elektrolytmangel kann für das Pferd lebensbedrohlich werden!
Wodurch kommt es zu einer Entgleisung des Elektrolythaushalts?
Pferde verlieren täglich Elektrolyte durch Schwitzen, Urin und Kot. Diese Verluste können normalerweise durch die Ernährung ersetzt werden.
Gerade im Sommer verlieren Pferde hauptsächlich durch starkes Schwitzen große Mengen an Elektrolyten. Die Thermoregulation erfolgt bei Pferden über die Schweißbildung und die damit verbundene Verdunstung sowie über die Erwärmung der Atemluft beim Ausatmen. Durch die Feuchtigkeit auf der Hautoberfläche entsteht beim Schwitzen Verdunstungskälte, die den Körper wieder herunter kühlt und das Pferd so vor Überhitzung schützt. Stress oder andere Krankheiten wie Koliken können ebenfalls dazu führen, dass Pferde vermehrt schwitzen. Pferde, die häufig Probleme mit starkem Kotwasser bis hin zu anhaltenden Durchfall haben, können dadurch viele Elektrolyte verlieren, die dann über die Nahrung wieder aufgenommen werden müssen. Der Bedarf an Elektrolyten steigt umso mehr, je mehr Elektrolyte über Schweiß, Harn oder Kot ausgeschieden werden. Auch die Verabreichung bestimmter Medikamente, sowie Herz-, Nieren- oder Lebererkrankungen können zu Elektrolytentgleisungen führen.
Elektrolytverluste durch starkes Schwitzen
Oft wird die Menge an Schweiß unterschätzt, die ein Pferd beim Reiten verliert. Diese Menge steigt speziell im Sommer stark an.
Die Menge an Schweiß, die ein Pferd ausscheidet, ist individuell unterschiedlich und von verschiedenen Faktoren abhängig. Je nach Körperstelle besitzt das Pferd pro Quadratzentimeter ca. 400 bis 500 Schweißdrüsen. Diese sitzen in der Schicht unter der Oberhaut, der sogenannten Lederhaut. Je mehr Schweißdrüsen also ein Pferd besitzt, desto stärker schwitzt es. Häufig schwitzen alte Pferde stoffwechselbedingt schneller, insgesamt ist die Menge des Schweißverlustes aber eine Typfrage. Nervige Pferde schwitzen schneller als phlegmatische Tiere, wohingegen das Geschlecht eher keine Rolle spielt.
Schwitzen ist für das Pferd lebensnotwendig, denn ohne Schwitzen ist kein Ausgleich der Körpertemperatur möglich. Über den Schweiß sondert der Organismus Schadstoffe ab und sorgt dafür, dass die Kerntemperatur von 37,2 bis 38,3 Grad beibehalten wird.
Bei der Thermoregulation des Pferdes handelt es sich um einen komplizierten, aber äußerst effektiven Mechanismus. Wenn das Pferd schwitzt, benetzt Feuchtigkeit die Hautoberfläche. Dadurch entsteht Verdunstungskälte, die den Körper wieder abkühlt. Auf diese Weise werden ca. 85% der Wärme durch Verdunstung abgegeben.
Man unterscheidet zwei Arten von Schwitzen – zum einen Schweiß, der durch Muskelarbeit entsteht und zum anderen Schwitzen, das auf psychischen Druck, Aufregung oder auch Schmerzen zurückzuführen ist.
Welche Elektrolytmenge wird über den Schweiß ausgeschieden?
Eine Pilotstudie hat sich mit dem durch Reiten entstandenem Schweißbild auseinandergesetzt und dabei einen interessanten Score aufgestellt, der eine Einschätzung über den durch Training entstandenen Schweißverlust gibt:
Schweiß-Score |
Schweißbild |
Durchschnittl. Schweißverlust pro Stunde |
1 |
Fläche unter dem Sattel teilweise trocken, teilweise aber auch dunkle, klebrige und feuchte Areale |
1-4 Liter |
2 |
Fläche unter dem Sattel und Areale am Hals nass |
4-7 Liter |
3 |
Trense hinterlässt einen deutlich feuchten Abdruck (häufig mit Schaumbildung an Backenstück und Nasenriemen) |
7-9 Liter |
4 |
Hals und Flanken komplett nass |
9-12 Liter |
5 |
Pferde zusätzlich über dem Auge und unter dem Bauch tropfend nass |
12-18 Liter |
Tabelle 1 modifiziert nach Zeyner, A.; Romanowski, K.; Vernunft, A.; Harris, P.; Kienzle, E. (2014) Scoring of sweat losses in exercised horses – a pilot study; Animal Physiology and Animal Nutrition;
Tabelle 2 zeigt, wie viel Elektrolyte und andere Bestandteile in einem Liter Schweiß enthalten sind und wie hoch der Elektrolytverlust durch Schwitzen ist.
Bestandteil |
Gehalt |
Natrium (g/l) |
3,1 |
Kalium (g/l) |
1,6 |
Chlorid (g/l) |
5,5 |
Calcium (g/l) |
0,12 |
Magnesium (g/l) |
0,05 |
Stickstoff (g/l) |
1-3 |
Phosphor (mg/l) |
<10 |
Zink (mg/l) |
11 |
Eisen (mg/l) |
5 |
Kupfer (mg/l) |
0,3 |
Selen (mg/l) |
Spuren |
Tabelle 2 Coenen, M.; Vervuert, I. (2020); Pferdefütterung; 6. Aufl.; Stuttgart; Zusammensetzung von Schweiß beim Pferd basierend auf Daten aus Meyer 1987; GfE 2014
Elektrolytverschiebungen bei Pferden vorbeugen
Bei Berechnungen des Elektrolytbedarfs wird zwischen dem Erhaltungs- und dem Leistungsbedarf des Pferdes unterschieden. Der Erhaltungsbedarf beschreibt den Bedarf an Energie und Nährstoffen, um die Lebensfunktionen, Körpergewicht und Körpertemperatur aufrechtzuerhalten. Verliert das Pferd beim Reiten regelmäßig größere Schweißmengen, steigt der Elektrolytbedarf proportional zur Belastung an.
Bedarfswerte der wichtigsten Elektrolyte für ein 500kg schweres Pferd bei leichter Arbeit:
Kalium |
25 g |
Natrium |
3,5 g |
Chlorid |
2 g |
Der Erhaltungsbedarf eines Pferdes an Kalium, Natrium und Chlorid wird in der Regel über das Rau- und Kraftfutter in Kombination mit einem Salzleckstein gedeckt. Pferde sind normalerweise in der Lage, Salz nach Bedarf aufzunehmen, wenn sie freien Zugang zu einer Salzquelle haben. Ein Salzleckstein ist daher für die meisten Pferde zur Deckung des Elektrolytbedarfs ausreichend, selbst ein erhöhter Bedarf durch Schwitzen kann das Pferd gut über einen Salzleckstein ausgleichen. Ausnahme sind Hochleistungspferde, besonders unter extremen Klimabedingungen. Hier sollte der zusätzliche Elektrolytbedarf errechnet und angepasst werden.
Salzverlust durch Schweiß
Bei normalem bis hohem Schweißverlust (Schweiß Score 1-3), also verschwitzter Sattellage, Hals und Flanken, sowie nassen Stellen unter der Trense, hat das Pferd bis zu 28g Natrium, 15g Kalium und 50mg Chlorid verloren. Eine Kaliumversorgung erfolgt überreichlich über das normale Raufutter, Natrium- und Chloridverluste können auch hier problemlos über einen Salzleckstein ausgeglichen werden. Problematisch sind lediglich die Schweiß Score Stufen 4 und 5. Hier sollten besonders die hohen Natriumverluste durch eine Fütterung passender Elektrolyte in Form eines Ergänzungsfutters ausgeglichen werden.
Fazit: Der Bedarf deines Pferdes an Elektrolyten kann in der Regel über das Rau- und Kraftfutter in Kombination mit freiem Zugang zu einem Salzleckstein gedeckt werden. Besonders in den heißen Sommermonaten, verbunden mit vermehrter Schweißabsonderung lohnt es sich, den Elektrolytbedarf deines Pferdes im Auge zu behalten, da ein starker Elektrolytmangel im schlimmsten Fall für dein Pferd lebensbedrohliche Konsequenzen haben kann.